Ja aber, die Wirtschaft macht da nie mit!
Die Umstellung auf nachhaltige Produktionsweisen und nachhaltige Produkte ist auch für die Wirtschaft keine Frage des Wollens, sondern des Müssens. Denn es wird zur Überlebensfrage für unseren Planeten, unsere Wirtschaftssysteme so umzugestalten, dass diese im Einklang mit den planetaren Grenzen sind. Expert.innen wie der frühere Chefökonom der Weltbank, Nicholas Stern, warnen sogar davor, den Wandel verzögert anzugehen: „Wer an künftigem Wachstum und Wohlstand teilhaben will, der muss verstärkt in kohlenstoffarme und nachhaltige Lösungen investieren.“
Die gute Nachricht: Die Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen bieten immense wirtschaftliche Wachstumsmöglichkeiten: Klimaschutz, Ressourcenschonung etc. sind gerade von den industrialisierten Nationen dringend benötigte Wachstumsmotoren. Denn in den sogenannten „reifen“ Märkten wie etwa USA oder Deutschland gibt es heute keine signifikanten Wachstumsperspektiven mehr. Die Umstellung auf nachhaltige Wirtschaftsstrategien eröffnet hier ein hohes Potenzial für Unternehmen durch innovative Geschäftsmodelle und Technologien.
Die Analyse Better Business – Better World nennt rund 60 potenzielle nachhaltige Wachstumsfelder, die bis 2030 zwei- bis dreimal so stark wachsen werden wie der ökonomische Durchschnitt. Das geht von der Umgestaltung unserer Städte über regenerative Energieversorgung oder neuer Formen der Landwirtschaft bis hin zu neuen Mobilitätskonzepten und Kreislaufwirtschaft. Ab 2030 entstehen jährliche Marktpotenziale für die Privatwirtschaft in Höhe von mindestens 12 Billionen Dollar. Damit könnte sie zum größten Beschäftigungs- und Ressourcenproduktivitätstreiber seit Jahrzehnten werden. Der Thinktank Systemiq rechnet mit bis zu 35 Millionen möglichen neuen Arbeitsplätzen bis 2030 durch die Umstellung.
Veränderung und Umgestaltung bedeutet natürlich auch immer Anstrengung. Wir müssen wieder lernen, dass unser wirtschaftliches Kapital in den Gestaltungskompetenzen liegt und nicht in Fabriken und Gütern. Beispiel Schlüsselbranche Automobilwirtschaft: Die Hersteller in allen Ländern verbreitern zwar ihre Produktpalette permanent, jedoch in immer kleineren Nischen mit immer härterem Wettbewerb um Erträge. Dabei erhöht sich der Ressourcenverbrauch konstant, ohne dass die Auslastung der Fahrzeuge oder die Effizienz der Ressourcennutzung steigen würde. Angesicht der großen Systemineffizienzen – wie zum Beispiel der Tatsache, dass ein Auto im Schnitt mehr als 22 Stunden am Tag nur steht – hilft auch die steigende Effizienz auf Produkteben nur sehr begrenzt. Der Schlüssel für die Zukunft gerade der deutschen Automobilindustrie liegt darin, bessere und nachhaltigere multi-modale und geteilte Mobilitätslösungen über Plattformen anzubieten.